Perfektionismus als Zeitfresser

Perfektionismus als Zeitfresser

Sie wollen alles immer möglichst gut, also perfekt erledigen? Dann sind entweder alle ihre Aufgaben gleich wichtig (was unwahrscheinlich ist), oder aber Sie sind nicht in der Lage, diese entsprechend zu priorisieren (was wohl eher zutreffen dürfte). Kurzum, Sie sind mit ziemlicher Sicherheit ein Perfektionist, und damit handeln Sie sich gleich zwei ernsthafte Probleme ein: Erstens haben Perfektionisten eine überdurchschnittlich große Fallhöhe und scheitern nicht selten an denen von ihnen selbst gesteckten, oftmals viel zu hohen Zielen, und zweitens ist Perfektionismus eine der größten Zeitfallen überhaupt. In diesem Beitrag geht es um Letzteres.

Vorsicht bei diesen typischen Argumenten!

Perfektionisten kann man sehr gut daran erkennen, dass sie ihre Handlungsweise in aller Regel mit den folgenden drei Argumenten rechtfertigen:

  • Mit durchschnittlichen Ergebnissen gebe ich mich nicht zufrieden.
  • Gut reicht mir nicht – ich strebe immer nur nach dem Besten.
  • Bevor ein anderer die Aufgabe verbockt, erledige ich sie lieber selbst.

Auf den ersten Blick ist daran ja auch nichts weiter auszusetzen. Problematisch wird es aber spätestens dann, wenn diese „Regeln“ auf jede nur erdenkliche Situation und Problemstellung angewandt werden – also auf das Schreiben eines Einkaufszettels ebenso wie auf das Verfassen einer Doktorarbeit.

Immer das Paretoprinzip berücksichtigen

Um es also in aller Deutlichkeit zu sagen: Es ist in 99,9 Prozent aller Fälle eine komplette Fehleinschätzung, wenn man davon ausgeht, dass alle gerade anstehenden Aufgaben gleich wichtig sind und daher perfettamente abgearbeitet werden müssen. Tatsächlich ist es sogar so, dass sich gemäß dem sogenannten Paretoprinzip die meisten Aufgaben mit einem Mitteleinsatz von nur etwa 20 Prozent so erledigen lassen, dass am Ende rund 80 Prozent aller Probleme gelöst sind. Der Perfektionist indes rechnet hier anders und verschwendet durch eine falsche bzw. nicht erfolgte Priorisierung und Gewichtung der Aufgaben nach Wichtigkeit immer wieder kostbare Ressourcen und Zeit. Oder genauer: Da Zeit privat wie beruflich ein knappes Gut ist, haben Perfektionisten fortwährend ein potenzielles Problem mit Deadlines.

Insbesondere in der Projektarbeit ist das alles andere als effizient, zumal davon meist auch die Arbeitsabläufe der anderen Projektmitarbeiter betroffen sind, was dann wiederum den gesamten Projektverlauf bremst. Hinzu kommt, dass aus Kundensicht durch den Perfektionismus eines Einzelnen auch unangemessen hohe Standards für alle anderen gesetzt werden könnten. Für Projektmanager ein wahres Horrorszenario.

Wie man Perfektionismus in den Griff bekommt

Spielen wir abschließend einmal kurz am Beispiel einer E-Mail durch, wie sich Perfektionismus – in der Projektarbeit und anderswo – in die richtigen Bahnen lenken lässt:

  1. Wenn es lediglich darum geht, gegenüber dem Projektleiter und/oder anderen Mitarbeitern die Erledigung eines Arbeitsschrittes zu kommunizieren, dann reicht ein kurzer Text mit betreffendem Inhalt. Niemand erwartet an dieser Stelle einen pulitzerpreisverdächtigen, dreimal auf korrekte Orthografie, Interpunktion und Stil geprüften Kurzroman! Damit stiehlt man nur sich und anderen die Zeit.
  2. Etwas mehr Zeit gilt es zu investieren, wenn ein beim aktuellen Arbeitsschritt aufgetauchtes Problem oder Hindernis projektintern mitzuteilen ist. Hier kommt es auf eine möglichst exakte (aber nicht zu ausführliche!) Beschreibung an, damit die Empfänger genau wissen, worum es geht, und ggf. zielgerichtet helfen können. Stilistische Schnörkel und dergleichen sind auch hierbei unnötiger Ballast.
  3. Ganz anders liegt der Fall jedoch, wenn ein Stakeholder z. B. über den Projektfortschritt unterrichtet werden muss. Hier sind dann eine höfliche Anrede und möglicherweise sogar einige wohlklingende Floskeln gefragt. Auch sollte die E-Mail den Regeln der deutschen Sprache genügen und inhaltlich auf den Punkt kommen. Neben dem eigenen Korrekturlesen bietet es sich also an, den Text auch noch mal von jemand anderem gegenlesen zu lassen.

Hat man diese kleine Übung erst einmal mit Bravour bestanden (und vor allem ihren Sinn verstanden), dann ist der Weg frei, auch in anderen Bereichen von „Perfektionismus“ auf „Angemessenheit“ umzustellen. Man muss halt nur irgendwo damit anfangen.

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