Rufbereitschaft: Definition, Arbeitszeit und Vergütung

Rufbereitschaft: Definition, Arbeitszeit und Vergütung

Bei der Rufbereitschaft ist Ihre Verfügbarkeit gefragt – auch nach Feierabend. Hier erfahren Sie, wie sich das auf Ihre Arbeitszeit und Bezahlung auswirkt. Lesen Sie, welche gesetzlichen Regelungen Sie kennen sollten. 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Rufbereitschaft zählt nur bei tatsächlichen Einsätzen als Arbeitszeit und wird entsprechend vergütet.
  • Ruhezeiten müssen nach einem Einsatz verlängert werden, um die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. 
  • Tarifverträge, wie der TVöD, regeln die Vergütung und Bedingungen der Rufbereitschaft häufig detaillierter.

Definition: Was ist Rufbereitschaft? 

Rufbereitschaft bedeutet: Ein Arbeitnehmer muss außerhalb seiner regulären Arbeitszeit erreichbar sein, um bei Bedarf zur Arbeit gerufen zu werden. Dabei kann er sich an einem Ort seiner Wahl aufhalten, muss aber in einer festgelegten Zeit einsatzbereit sein. Im Unterschied zum Bereitschaftsdienst, bei dem man an einem bestimmten Ort bleibt, ist der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft nicht ortsgebunden. 

Rufbereitschaft ≠ Bereitschaftsdienst
Rufbereitschaft erlaubt es Mitarbeitenden, sich außerhalb des Arbeitsplatzes aufzuhalten, wobei sie im Bedarfsfall kurzfristig zur Arbeit erscheinen müssen. Beim Bereitschaftsdienst sind sie hingegen durchgehend am Arbeitsort anwesend und jederzeit einsatzbereit. Während die Vergütung bei Rufbereitschaft nur im tatsächlichen Einsatz greift, wird die gesamte Zeit des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit vergütet. 

Vergleich Rufbereitschaft Bereitschaftsdienst 
Anwesenheit Kein zwingender Aufenthalt am Arbeitsort Anwesenheit am Arbeitsort erforderlich 
Einsatz Nur bei Bedarf aktiv werden Während der gesamten Zeit einsatzbereit 
Vergütung Meist geringer vergütet Höhere Vergütung aufgrund der Anwesenheit 
Beispiel Feuerwehrmann, der zu Hause bleibt und nur bei Alarm ausrückt Feuerwehrmann, der in der Wache bleibt und ständig einsatzbereit ist 

Die Zeiten ohne tatsächliche Arbeit gelten nicht als reguläre Arbeitszeit und werden gesondert vergütet. Das erklären wir Ihnen im Folgenden. 

Rufbereitschaft im Arbeitsrecht 

Nach dem EuGH-Urteil vom 9. März 2021 (C-580/19) zählt Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit, solange nicht tatsächlich gearbeitet wird. Erst wenn ein Einsatz erfolgt, beginnt die Arbeitszeit. 

Höchstarbeitszeit und Ruhezeitregelungen 

Die tägliche Höchstarbeitszeit beträgt acht Stunden, in Ausnahmefällen bis zu zehn, und Einsätze während der Rufbereitschaft zählen zu dieser Arbeitszeit. Wichtig sind auch die Ruhezeiten: Nach der Arbeit müssen mindestens elf Stunden ununterbrochene Ruhezeit eingehalten werden, wobei Einsätze während der Rufbereitschaft diese Zeit verlängern können. Wird beispielsweise ein Pfleger nachts für zwei Stunden zur Arbeit gerufen, beginnt seine gesetzliche Ruhezeit von elf Stunden erst nach Ende des Einsatzes. 

Tarifvertrag und betriebliche Vereinbarungen 

In Tarifverträgen wie dem TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) wird Rufbereitschaft oft detailliert geregelt. Hier können Vorgaben zu Vergütung, Dauer und Einsatzhäufigkeit getroffen werden, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. So hat ein Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nach dem TVöD beispielsweise Anspruch auf eine Pauschale für jede Stunde, die er in Rufbereitschaft verbringt. 

Ausnahmen: Wann gilt Rufbereitschaft als Arbeitszeit? 

In einigen speziellen Tarifverträgen, insbesondere in Berufen mit hoher Verfügbarkeit, kann Rufbereitschaft teilweise oder vollständig als Arbeitszeit gelten. Dies ist häufig in Bereichen der Fall, in denen eine ständige Einsatzbereitschaft erforderlich ist, wie im medizinischen Bereich oder bei der Feuerwehr. So wird im Tarifvertrag für Ärzte in kommunalen Krankenhäusern Rufbereitschaft anteilig als Arbeitszeit angerechnet, selbst wenn kein Einsatz erfolgt, da die Verfügbarkeit der Ärzte jederzeit notwendig sein kann. 

Rufbereitschaft: Vergütung und Steuerrecht 

Wie wird Rufbereitschaft vergütet? 

Rufbereitschaft wird meist pauschal vergütet, unabhängig davon, ob ein Einsatz stattfindet. Kommt es zu einem Einsatz, werden die geleisteten Stunden zusätzlich bezahlt, oft zu einem höheren Satz. Die genaue Vergütung hängt von Tarifverträgen oder betrieblichen Regelungen ab. So erhält ein Techniker beispielsweise für jede Stunde Rufbereitschaft eine Pauschale von 10 Euro, während ein tatsächlicher Einsatz mit seinem regulären Stundenlohn von 20 Euro vergütet wird. 

Wie wird die Rufbereitschaft versteuert? 

Die Vergütung für Rufbereitschaft ist steuerpflichtig und unterliegt den üblichen Sozialabgaben. Sowohl die Pauschalen als auch die Vergütung für Einsätze werden wie normales Arbeitsentgelt versteuert. In einigen Fällen können jedoch bestimmte Zuschläge für Rufbereitschaft steuerfrei sein, wenn sie durch spezielle Tarifverträge abgedeckt werden. Beispielsweise können im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) Zuschläge für Nachtarbeit während der Rufbereitschaft unter bestimmten Bedingungen steuerfrei sein. 

Unterschiede zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst bei der Bezahlung 

Beim Bereitschaftsdienst gilt die gesamte Zeit als Arbeitszeit und wird daher meist höher vergütet als Rufbereitschaft, wo nur der tatsächliche Einsatz als Arbeitszeit zählt.

Beispiel-Vergütungsmodelle: Ein junger Arzt in Ausbildung übernimmt Rufbereitschaft, jedoch ohne Vergütung. Nur die Einsätze werden als Arbeitszeit vergütet, wodurch er Überstunden ansammeln und später abfeiern oder auszahlen lassen kann. Nach Abschluss der Ausbildung erhält er beim selben Arbeitgeber einen neuen Vertrag, der für die Rufbereitschaft den Mindestlohn und für jeden Einsatz die reguläre Vergütung sowie gesetzliche Zuschläge vorsieht. Später wechselt er zu einem Arbeitgeber mit Rahmentarifvertrag und erhält dort für die Rufbereitschaft eine Pauschale sowie zusätzlich Einsatzzuschläge für jede Aktivierung. 

ZeitraumModell 1: Unbezahlte Rufbereitschaft (nur Einsätze vergütet) Modell 2: Rufbereitschaft mit Mindestlohn* + Einsätze Modell 3: Pauschale + Einsätze und Zuschläge 
18:00 – 21:00 0€ 12€/h 5€/h 
21:00 – 00:00 0€ 12€/h 5€/h + Nachtzuschlag 
00:00 – 03:00 0€ 12€/h 5€/h + Nachtzuschlag 
03:00 – 05:00 0€ 12€/h 5€/h 
Gesamtvergütung ohne Einsatz 0€ 150€ 62,50€ 
Beispiel-Einsatz (1 Std. um 23:00) 30€ 30€ + Nachtzuschlag 30€ + Einsatzzuschlag + Nachtzuschlag 
Gesamtvergütung mit Beispiel-Einsatz 30€ 187,50€ 106€ 

* Stand 14.11.2024: Seit 1.1.24 beträgt der Mindestlohn €12,41. Im Jahr 2025 soll eine weitere Anpassung erfolgen. Zur Einfachheit wird hier mit €12 gerechnet. 

Rufbereitschaft und Ruhezeiten 

Ruhezeitenregelung und gesetzliche Vorgaben 

Nach dem Arbeitszeitgesetz müssen nach der Arbeit elf Stunden Ruhezeit eingehalten werden. Wird die Ruhezeit durch einen Einsatz während der Rufbereitschaft unterbrochen, muss sie entsprechend verlängert werden. Arbeitgeber sind dafür verantwortlich, dass diese Ruhezeiten korrekt eingehalten werden. 

Wie viele Rufdienste darf man im Monat machen? 

Es gibt keine feste gesetzliche Begrenzung für die Anzahl der Rufdienste pro Monat. Wichtig ist, dass die Höchstarbeitszeit und Ruhezeiten beachtet werden. Tarifverträge können zusätzliche Vorgaben machen, um Überlastungen zu vermeiden. 

Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer 

Wann kann man Rufbereitschaft ablehnen? 

Arbeitnehmer können Rufbereitschaft ablehnen, wenn sie nicht im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt ist. Ohne diese vertragliche Grundlage oder bei berechtigten Gründen, wie gesundheitliche Einschränkungen, darf der Arbeitgeber keine Rufbereitschaft verlangen. Ein Mitarbeiter mit einer chronischen Schlafstörung kann zum Beispiel Rufbereitschaft ablehnen, da nächtliche Einsätze seine Gesundheit beeinträchtigen würden. 

Ist die Einführung von Rufbereitschaft mitbestimmungspflichtig? 

In Betrieben mit Betriebsrat ist Rufbereitschaft mitbestimmungspflichtig. Der Betriebsrat muss bei der Einführung oder Änderung zustimmen. 

Wie lange vorher muss der Bereitschaftsdienst angekündigt werden? 

Es gibt keine gesetzliche Frist. Betriebliche Vereinbarungen regeln meist, wie frühzeitig Rufbereitschaft angekündigt werden muss. Ein Dienstplan hilft dabei, Rufbereitschaften besser zu organisieren und die Verfügbarkeit der Mitarbeiter zu sichern. 

Wie schnell muss man verfügbar sein? 

Die Reaktionszeit während der Rufbereitschaft ist vertraglich festgelegt und liegt oft zwischen 30 und 60 Minuten. 

Rufbereitschaft in einer Software abbilden 

Eine Projektmanagement-Software kann die Organisation von Rufbereitschaft effizienter machen. Sie hilft bei der Planung, Zeiterfassung und Vergütung. Folgend die wichtigsten Funktionen.

Dienstplan und Rufbereitschaftsplanung 

Mit einer Software lassen sich Schichten und Rufbereitschaften leicht planen und anpassen. Benachrichtigungen informieren Mitarbeiter rechtzeitig über ihren Dienst, Änderungen können flexibel vorgenommen werden. 

Arbeitszeiterfassung und Ruhezeiten 

Die Software führt Arbeitszeiten und Einsätze tabellarisch zusammen. Sie überprüft die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeits- und Ruhezeiten und passt bei Bedarf den nächsten Arbeitstag an. 

Vergütung und Berichte 

Rufbereitschaften und Einsätze während der Rufbereitschaft werden erfasst und in die Lohnabrechnung integriert. Berichte über Einsätze und Überstunden können automatisch erstellt werden. 

Häufige Fragen zur Rufbereitschaft 

Ist telefonische Rufbereitschaft Arbeitszeit? 

Nur bei tatsächlicher Arbeit, wie Problemlösungen am Telefon, zählt telefonische Rufbereitschaft als Arbeitszeit. Das bloße Warten auf einen Anruf gilt nicht als Arbeitszeit. Für einen IT-Support-Mitarbeiter zum Beispiel, der abends Anrufe entgegennimmt und am Telefon Probleme löst, zählt diese Zeit als Arbeitszeit, da er aktiv am Problem arbeitet. 

Ist Rufbereitschaft im Urlaub zulässig? 

Nein, während des Urlaubs darf keine Rufbereitschaft angeordnet werden. Urlaub dient der Erholung, und der Arbeitnehmer ist von allen Pflichten freigestellt. 

Sammeln sich Urlaubsansprüche während der Rufbereitschaft?

Ja, während der Rufbereitschaft sammeln sich grundsätzlich Urlaubsansprüche, wenn die Rufbereitschaft Teil der regulären Arbeitszeitvereinbarungen ist. Da die Rufbereitschaft als Teil des Arbeitsverhältnisses gilt, fließen diese Zeiten in die Berechnung der Urlaubsansprüche ein, außer es gibt abweichende Regelungen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag. 

Beispiel: Mitarbeiter A und Mitarbeiter B arbeiten beide in Vollzeit mit einer 40-Stunden-Woche. Mitarbeiter A hat keine Rufbereitschaft, während Mitarbeiter B an jedem Samstag in Rufbereitschaft ist. Beide haben den gleichen Urlaubsanspruch basierend auf ihrer Vollzeitbeschäftigung. Allerdings könnte Mitarbeiter B aufgrund der zusätzlichen Rufbereitschaft an Samstagen, falls diese als Teil der Arbeitszeit gilt, Anspruch auf mehr Urlaubstage haben, da auch diese Zeiten bei der Berechnung berücksichtigt werden. Falls die Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit gilt, bleibt der Urlaubsanspruch für beide Mitarbeiter gleich. 

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Referenzen:

Disclaimer:

Die aufgeführten Urteile, Tipps und Beiträge sind nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig zusammengestellt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit der Inhalte gestellt. Die zur Verfügung gestellten Informationen ersetzen keine individuelle juristische Beratung.